Entspanne dich

Sie ist leicht zu erlernen und super im Alltag anwendbar: Wie progressive Muskelentspannung zu mehr Wohlbefinden verhelfen kann.

Die Hand zur Faust ballen und anspannen. Halten. Ein paar Sekunden warten. Und loslassen. Immer wieder folgt auf Anspannung Entspannung. Jede größere Muskelgruppe kommt einmal dran und soll diesen Wechsel erfahren, alle nacheinander in einer immer gleichen Reihenfolge. Gerne auch ein zweites Mal. Anspannen, ein paar Sekunden halten, dann entspannen und spüren. Dabei ruhig atmen. Vereinfacht ausgedrückt beschreibt dies die progressive Muskelentspannung. So einfach das klingt und von jeder Person durchführbar ist, so wirkungsvoll ist die Entspannungstechnik, die Edmund Jacobson in den 1920er Jahren entwickelte. Denn mit der Entspannung der Muskulatur soll auch der mentale teil positiv beeinflusst werden.

Nervensystem regeneriert

Muskuläre Spannung und Psyche hängen miteinander zusammen. Und vielleicht kennt man es selbst. Man steht unter Stress, ist vielleicht auch sauer. Man ballt die Faust, man zieht die Schultern hoch oder beißt auf die Zähne. Ganz unbewusst. Erst wenn man sich mal hinlegt oder setzt um runterzukommen, merkt man, wie angespannt man war – eventuell auch über einen längeren Zeitraum. „Jacobson hat festgestellt, dass sich bei Patienten, die zu ihm kamen, ein Muskelpanzer aufgebaut hat. Durch die Psyche bauen wir diese Spannungen sozusagen auf“; sagt Petra Jokuszies-Bülter, zertifizierte Trainerin für progressive Muskelentspannung, auch progressive Muskelrealxation (PMR). Und dann sei das Loslassen, die Entspannung, besonders wichtig und bei der progressiven Muskelentspannung das, worauf es ankommt. Durch den Wechsel zwischen An- und Entspannung wird das Gehirn angesprochen. Im vegetativen Nervensystem, also dem Bereich, der sich nicht bewusst steuern lässt – worüber z.B. Atmung oder Herzschlag reguliert werden -, agieren hier der Sympathikus und der Parasympathikus. Während erstgenannter verschiedene Prozesse im Körper aktiviert, sorgt der Parasympathikus für Entspannung. Die Muskelspannung sinkt, das zentrale Nervensystem reguliert sich. So können wir Stress abbauen. Das Gehirn wird dadurch sensibilisiert und kann auch neu auftretenden Stress schneller identifizieren und gegebenenfalls vermeiden.

Einfluss auf viele Prozesse

Stress ist keine Frage einer bestimmten Altersgruppe. Es gibt immer mehr Menschen in allen Altersgruppen, die damit haben. Höher, schneller, weiter. Doch so langsam bekommen die psychischen Aspekte eine immer größere Bedeutung. Wie fühlt man sich? Welche Stressfaktoren gibt es gerade? Hat sich schon etwas getan auf meinem Weg zur Besserung? Immer mehr Menschen suchen nach Möglichkeiten, ihren Stress loszulassen und für etwas mehr Wohlbefinden zu sorgen. Psychisch und körperlich. Die progressive Muskelentspannung kann in dieser Hinsicht ein wichtiger Aspekt sein. Ob nun bei Stress oder auch bei Angst, Bluthochdruck, Schlafproblemen, Spannungskopfschmerzen und vielem mehr, zeigt die progressive Muskelentspannung eine positiven Einfluss.

Im Alltag anwendbar

Da die Methode leicht erlernbar ist, aber gerade zu Beginn unter professioneller Anleitung stattfinden sollte mit jemandem, der durch die einzelnen Phasen der An- und Entspannung leitet, kann man sie auch im Alltag anwenden. Vor Prüfungssituationen, im Büro, zu Hause beispielsweise vor dem Zubettgehen. Wichtig ist die Regelmäßigkeit. Man sollte sich nicht entmutigen lassen, wenn man nicht unmittelbar Effekte spürt. Man muss nicht zwingend alle vorgesehenen 16 bzw. 17 Muskelgruppen ansprechen. Anstatt Hand und Oberarm einzeln anzusteuern, kann man den Arm als Ganzes einmal anspannen, indem man die Hand zur Faust ballt, den Ellenbogen anwinkelt und den Oberarm anspannt. Dann halten und loslassen.

Wenn es aber etwas mehr sein darf, hier die Vorgehensweise der 16er-Methode:
  • Entspannt auf eine Matte legen oder auf einen bequemen Stuhl setzen
  • Dominante Hand-und Unterarm-Muskulatur: Faust ballen, halten und wieder lösen
  • Dominante Oberarm-Muskulatur: Ellenbogen anwinkeln und Bizeps anspannen, halten und wieder lösen
  • im Anschluss die andere Seite
  • Muskeln der oberen Gesichtspartie: Augenbrauen hochziehen (Alternative: Stirnrunzeln), halten und wieder lösen
  • Muskeln der mittleren Gesichtspartie: Augen zusammenkneifen und Nase rümpfen, halten und wieder lösen
  • Muskeln der unteren Gesichtspartie: Zähne zusammen, Mundwinkel nach hinten ziehen und Zunge gegen den Gaumen, halten und wieder lösen
  • Nacken-Muskulatur: Kinn zur Brust ziehen (Alternative: Kopf nach hinten gegen die Unterlage drücken), halten und wieder lösen
  • Brust-, Schulter- und Rückenmuskulatur: Schultern nach oben ziehen und Schulterblätter hinten zusammendrücken, halten und wieder lösen
  • Bauchmuskulatur: Bauchmuskeln anspannen (Alternative: Bauchmuskeln nach innen ziehen oder rausstrecken), halten und wieder lösen
  • Dominante Oberschenkelmuskulatur: Bein durchstrecken (Alternativ: Bein anheben), halten und wieder lösen
  • Dominante Unterschenkel-Muskulatur: Zehen zu sich heranziehen (Alternative im Sitzen: Fersen anheben), halten und wieder lösen
  • Dominante Fußmuskulatur: Fuß nach innen drehen, Zehen beugen (Alternative: Einen Ball greifen), halten und wieder lösen
  • im Anschluss die andere Seite

Wer die progressive Muskelentspannung auf einer meditativen Ebene geführt angehen will, kann auch hier auf unsere Muskelentspannungs-Meditation klicken.