Die digitale Arbeitswelt verlangt von uns einiges ab – vielen fällt es vor allem schwer, sich zu fokussieren. Doch wir selbst können viel dafür tun, gelassener zu arbeiten und entspannt in den Feierabend zu gehen. Endlich Feierabend! Es war ein wuseliger Arbeitstag und der Blick auf die To-Do-Liste zeigt: „Ich habe heute nichts geschafft.“ Es ist ein Paradox: Die digitale Arbeitswelt macht vieles einfacher und komplexer zugleich. Arbeitnehmende konnten noch nie so flexibel über ihre Arbeitszeit entscheiden wie heute, gleichzeitig fühlen sich viele so gestresst wie nie zuvor. Ständige Impulse und die Gleichzeitigkeit auf mehreren Kanälen versetzt uns in einen andauernden Alarmzustand.
„Wir leben in Zeiten, in denen wir ohne Ende arbeiten können. Viele Menschen sind aber einfach nur beschäftigt, ohne wirklich etwas zu erreichen“; sagt Swantje Allmers, Selbstmanagement-Coach und CEO von New York Masterskills. Sie ist fest davon überzeugt, dass nur ein gutes Selbstmanagement hilft. „Sich selbst managen heißt, Energie und Zeit sinnvoll einzusetzen, anstatt nur zu arbeiten.“
Die Expertin sieht zwei Herausforderungen im Arbeitsalltag vieler Menschen: Insbesondere in den meisten Schreibtischjobs arbeiten wir alle mit unterschiedlichsten Messengern, Kollaborationstools und sonstigen Diensten, noch dazu hat sich die Zahl der Meetings in den letzten Jahren erheblich gesteigert. Gleichzeitig ist unsere Aufmerksamkeitsspanne sehr viel kleiner geworden. „Wir wurden von den Medien dahin erzogen, dass unser Gehirn immer mehr Abwechslung braucht. Wir lassen uns immer mehr treiben – und je mehr wir uns treiben lassen, umso schneller lassen wir uns ablenken.“
Darum sei es wichtig, Deep Work wieder zu trainieren. Doch wie kann das gelingen? Allmers empfiehlt, sich einen realistischen Tagesplan zu machen – inklusive Zeiteinschätzungen und Puffer. Kommen dann unerwartete Aufgaben hinzu, lässt sich abwägen, ob sie unterzubringen sind. Die Konsequenz: ab und zu mal Nein sagen. Auch die Tagesstruktur muss geprüft werden: „Vormittags haben viele von uns die höchste Konzentration, doch wir verbringen sie mit Operativem und Meetings. Nachmittags, wenn die Konzentration bei vielen auf einem Tiefstand ist, wollen wir uns dann an die großen Aufgaben setzen“, so Allmers.
Laut der Expertin sind es nicht nur äußere Einflüsse, die uns herausfordern , sondern auch zunehmend schlechte Angewohnheiten: ständig aufs Handy blicken, durchgehend den Kollegen-Chat offen haben und in jeder noch so kleinen Leerlaufphase die E-Mails checken. „Wir schieben häufig die Aufgaben vor uns her, die Priorität haben. Weil sie sich schwierig und gewichtig anfühlen. Es ist ja auch viel einfacher, E-Mail-Pingpong zu spielen, als sich konzentriert hinzusetzen und das wichtige Konzept zu schreiben“; sagt Allmers. Die gute Nachricht: Es gibt Strategien gegen Aufschieberitis. Den meisten hilft es zum Beispiel, komplexe Aufgaben in viele kleine Schritte zu unterteilen.
Und egal, für welche Techniken wir uns entscheiden – das Selbstmanagement muss zu uns passen. Was die eine überzeugt, funktioniert für den anderen überhaupt nicht. Anfangs mag Selbstmanagement etwas anstrengend erscheinen, doch irgendwann passiert vieles intuitiv. Eines möchte Swantje Allmers sowohl Arbeitnehmenden als auch Arbeitgebenden mit auf den Weg geben: „Leistung heißt nicht, immer beschäftigt zu sein. Und schon gar nicht, immer gestresst zu sein. Wir dürfen mit gutem Gewissen in den Feierabend gehen – ohne vollkommen fertig zu sein.“
How to Selbstmanagement
- Alles stumm: Klingel! Bimmel! Plopp! Wir werden ständig von Tools, Mails und Push-Nachrichten aus unserer Konzentration gerissen – und abgelenkt. Dagegen hilft: Handy weglegen und akustische und visuelle Reize am Computer für eine gewisse Zeit über die „Nicht stören“-Funktion ausschalten.
- Ordnung halten: Auf Deinem Schreibtisch stapeln sich die Unterlagen und am Laptop sind 27 Tabs gleichzeitig offen? Nehme Dir zumindest einmal am Tag – zum Beispiel kurz vor Feierabend – ein paar Minuten Zeit, um Deinen Arbeitsplatz aufzuräumen. Denn: Ordnung im Außen schafft Ordnung im Inneren.
- Zeitblöcke: Überlege Dir, welche To-Dos am nächsten Tag oder über die Woche hinweg an erster Stelle stehen – und unterteile Dir Deinen Kalender in entsprechende Zeitblöcke. Halte Dich so gut es geht an Deine eigene Priorisierung, aber plane genug Puffer für Unvorhergesehenes ein.
- Guter Start: Für den Start in den Arbeitstag eignen sich je nach Typ zwei unterschiedliche Techniken: Bei der „Eat the Frog“-Methode startest Du mit der wichtigsten bzw. komplexesten Aufgabe. Bei der „80/20-Regel“ gehst Du zuerst die To-Dos an, die schnell zu erledigen sind – und erreichen so mit 20 Prozent der Zeit 80 Prozent der Ergebnisse.
- Monotasking: Multitasking ist ein Trugschluss. Denn wir sind dadurch überhaupt nicht produktiver, sondern vor allem unkonzentrierter und gestresst. So gehen uns Dinge verloren und die Fehlerquote steigt. Besser: Monotasking – also gezielt eine Aufgabe nach der anderen fokussiert abarbeiten.
- Pausen: Selbstmanagement ist nicht dafür da, um noch mehr zu arbeiten. Stattdessen solltest Du die gewonnene Zeit für Pausen und Erholung nutzen. Das macht uns gelassener, kreativer und letztlich produktiver. Also: Mache regelmäßig Pausen – wenn Du es sonst vergisst, stelle Dir einen Wecker!